Wasser ist einer der wichtigsten Stoffe der Erde. Denn es ist die Grundlage für Leben und auch aus der Technik nicht wegzudenken. Hier ermöglicht es unter anderem den Energietransport in Heizungs- oder Dampfanlagen. Damit das richtig funktioniert, sind in Bezug auf die Wasserchemie einige Punkte zu beachten. Im Wesentlichen geht es dabei um Inhaltsstoffe und deren Auswirkungen auf technische Prozesse.
So ist es das Ziel der Wasserchemie in Dampfkesseln und Industriekraftwerken, Korrosionserscheinungen und Ablagerungen zu verhindern. Denn diese stören den Stofftransport sowie die Wärmeübertragung und sorgen unter Umständen sogar für Schäden wie Undichtigkeiten oder Brüche. Im Folgenden gehen wir auf die Anforderungen an die Wasserchemie in Dampfkesseln sowie Industriekraftwerken ein und erklären, wie sich diese erfüllen lassen.
Die Themen im Überblick
Wasser: Chemische Grundlagen und übliche Inhaltsstoffe
Wie einleitend beschrieben, handelt es sich bei Wasser um einen der wichtigsten Stoffe auf unserer Erde. Es besteht einfach beschrieben aus Wasserstoff sowie Sauerstoff und hat viele Eigenschaften, die uns dienen oder schaden. Dazu gehört die Möglichkeit, Feststoffe sowie Gase zu binden oder elektrische Energie zu leiten. Stellen sich in der Natur immer wieder Gleichgewichte ein, bringen wir die Wasserchemie mit Dampfkesseln und Industrieanlagen ganz schön durcheinander. Ein Grund dafür: Hohe Druck- und Temperaturwerte, bei denen sich die Flüssigkeit unterschiedlich verhält. Die Folge sind ausfallende Feststoffe oder chemische Reaktionen wie die Korrosion, die Kessel- und Rohrwerkstoffe sukzessiv zerstört. Kenntnis über diese meist verketteten Vorgänge der Wasserchemie helfen, Anlagen bedarfsgerecht, zuverlässig und energieeffizient zu betreiben.
Technische Eigenschaften von Wasser für Dampf- und Industrieanlagen
Zu den wichtigsten Eigenschaften des Mediums zählen die Reinheit, der pH-Wert und die elektrische Leitfähigkeit. Denn Kenntnisse über diese Parameter ermöglichen es, Aussagen zu den Prozessen der Wasserchemie in Dampfkesseln und Industriekraftwerk zu treffen. Das ist wiederum die Voraussetzung dafür, die Anlage optimal einzustellen, um Korrosions- und Ablagerungserscheinungen bestmöglich zu vermeiden. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick und erklärt die Kennwerte kurz:
Kennwerte der Wasserchemie in Dampfkesseln und Industrieanlagen | Bedeutung |
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Zusammensetzung | Während bis zu 99 Prozent des uns bekannten Wassers aus H₂O besteht, enthält der Stoff auch zahlreiche „Verunreinigungen“. Neben Gasen aus der Luft gehören dazu auch Salze, Metalle und andere Stoffe, die das Wasser in seiner Lagerstätte, auf dem Weg durch das Erdreich oder direkt aus der Luft aufgenommen hat. Häufig genügen dabei bereits geringe Konzentrationen, um Eigenschaften und Reaktionen merklich zu beeinflussen. Wie rein das Wasser tatsächlich ist und welche Inhaltsstoffe in welchen Konzentrationen vorhanden sind, zeigt eine Wasseranalyse. Diese ist wichtig, wenn Sie die Wasserchemie in Dampfkesseln oder anderen Industrieanlagen beherrschen wollen. |
pH-Wert | Der pH-Wert zeigt, wie sauer oder basisch (alkalisch) das Gemisch aus H₂O und anderen Stoffen ist. Während Wasser mit einem pH-Wert von 7 als neutral gilt, zeigt ein kleinerer Zahlenwert die zunehmend saure Wirkung der Lösung an. Steigt der pH-Wert auf einen Betrag über 7, reagiert die Flüssigkeit hingegen basisch. Da sich der Wert damit auf das Verhalten von Wasser in Bezug auf andere Stoffe auswirkt, sind Kenntnisse über den pH-Wert wichtig für die Wasserchemie in Dampfkesseln und Industriekraftwerken. |
Elektrische Leitfähigkeit | Während bereits reines Wasser elektrische Energie leiten kann, nimmt die sogenannte Leitfähigkeit mit dem Vorhandensein verschiedener Stoffe zu. Kenntnisse über den Wert, der sich im laufenden Betrieb messen lässt, geben also Aufschluss über die Zusammensetzung. Das ist wiederum Voraussetzung dafür, die Vorgänge der Wasserchemie zu überblicken und Anlagen optimal einzustellen bzw. zu betreiben. |
Interessant sind darüber hinaus auch Eigenschaften wie die Temperatur und der Druck. Denn genau wie der pH-Wert oder die elektrische Leitfähigkeit wirken sich auch diese auf das chemische Verhalten von Wasser aus.
Zahlreiche Inhaltsstoffe beeinflussen die Vorgänge der Wasserchemie
Wasser verdunstet an der Erdoberfläche. Es steigt auf, kondensiert in höheren Luftschichten und fällt dann zum Beispiel in Form von Regen zur Erde zurück. Dieser gelangt durch verschiedene Schichten im Boden ins Grundwasser, aus dem es mit Brunnen wieder zur Oberfläche befördert wird. Nach einer Aufbereitung in regionalen Wasserwerken strömt die wertvolle Flüssigkeit dann durch Rohre und Armaturen bis in die Verbrauchsanlage. Auf dem gesamten Weg reichert sich die Flüssigkeit dabei mit verschiedenen Stoffen an. Dazu gehören unter anderem Eisen, Erdalkalien wie Kalzium, Natrium, Magnesium und ihre ehemaligen Reaktionspartner wie Sulfate, Nitrate oder Karbonate. Während das im natürlichen Gleichgewicht weniger problematisch ist, sorgen hohe Temperaturen und Druckwerte für verschiedene, häufig unerwünschte Vorgänge in der Wasserchemie. Ein typisches Beispiel: Die Bildung von Feststoffen, die dann als Belag ausfallen und den Betrieb einer Anlage stören.
Korrosion und Belag: Störende Prozesse der Wasserchemie
Zu den Prozessen der Wasserchemie, die Dampfkessel und Industriekraftwerke im laufenden Betrieb stören, gehören vor allem Korrosionserscheinungen und Ablagerungen.
Korrosion: Arten und wie sie sich mit geeigneten Maßnahmen verhindern lässt
Eine der größten Herausforderungen der Wasserchemie in Dampfkesseln und Industriekraftwerken ist die Korrosion. Davon spricht man in der Regel immer dann, wenn natürliche Vorgänge ein Metall in seinen Oxid-, Hydroxid- oder Sulfidzustand umwandeln. Das bekannteste Beispiel dafür ist die Korrosion von Eisen in Gegenwart von Sauerstoff und Wasser. Dabei entsteht das bekannte rote Eisenoxid, welches den Stahl schwächt oder sogar zerstört und als Partikel im Wasser mitströmt. Die folgende Tabelle zeigt typische Formen der Korrosion:
Arten der Korrosion | Beschreibung |
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Flächenkorrosion | Hier korrodiert ein Material gleichmäßig auf großen Teilen seiner Oberfläche. |
Lochfraßkorrosion | Hier durchläuft die Korrosion das betroffene Material meist lokal. Grund sind größtenteils Beschädigungen einer Oxid- oder Schutzschicht, die nicht offensichtlich erkennbare Undichtigkeiten und Schäden verursachen. |
Spaltkorrosion | Hier kommt es konstruktionsbedingt zu unterschiedlichen Eigenschaften im Bereich eines Metalls. Typisch sind Kontaktstellen (Unterlegscheiben etc.) zu denen weniger Sauerstoff gelangt als zu anderen Bereichen. Es bildet sich eine bleibende Lösung, die den pH-Wert lokal verändert. Die Folge sind Korrosionserscheinungen, die durch das Ungleichgewicht zwischen dem Spalt und dem Rest des Materials verstärkt auftreten. |
Interkristalline Korrosion | Korrosion tritt hierbei lokal an den Korngrenzen der Metallstruktur auf. Grund dafür sind Anreicherungen oder verringerte Mengen der Legierungselemente an den entsprechenden Stellen im Werkstoff. |
Spannungsrisskorrosion | Die Spannungsrisskorrosion entsteht bei unter Zugspannung stehenden Metallen. Sie beschreibt das rasche Heranwachsen von Rissen vorwiegend bei höheren Temperaturen, wobei bereits eine wenig korrosive Umgebung ausreicht. |
Galvanische Korrosion | Zur galvanischen Korrosion kommt es, wenn sich unterschiedliche Metalle miteinander verbunden (physische oder elektrisch) in einem gemeinsamen Elektrolyten (etwa Salzwasser) befinden. Das unedlere Metall (Anode) korrodiert dabei zuerst, was unter anderem die Funktion einer Opferanode erklärt. |
Bedingt durch die Wasserchemie in Dampfkesseln und Industriekraftwerken kommt es häufig bei Eisen, Kupfer und sogar Aluminium zur Korrosion. Entscheiden für die Stärke des Effektes ist dabei unter anderem der pH-Wert. Außerdem kommt es auf das Vorhandensein verschiedener Stoffe an, damit ein Medium korrodiert. Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick:
- Eisen: Hier bildet sich Rost (Eisen-II- und Eisen-III-Oxid) durch Sauerstoff und einen wässrigen Elektrolyten. Abhilfe schafft der Entzug von Sauerstoff.
- Kupfer: Liegt nur wenig Sauerstoff vor, korrodiert Kupfer bei pH-Werten ab 9,5 sehr stark. Günstig ist in der Praxis ein pH-Wert von 8,3 bis 9,5, da in diesem Bereich auch kein Kohlendioxid mehr im Wasser gelöst ist.
- Aluminium: Um die Korrosion von Aluminium zu verhindern, ist ein pH-Wert von 8,2 bis 9,0 günstig. Sind Chloridionen vorhanden, sollte die Leitfähigkeit nicht über 30 μS/cm liegen, um den Salzgehalt zu begrenzen.
Beläge: Ablagerungen und Auswirkungen auf Dampferzeuger
Insbesondere dann, wenn die Temperaturen im Kessel stark ansteigen, fallen Feststoffe aus dem flüssigen Medium aus. Typisch ist dabei die Bildung von Karbonatbelägen wie Kalk, Kesselstein oder Wasserstein. Diese entstehen häufig im Bereich der Wärmeübertrager und sorgen dort für verschiedene Probleme:
- Feste Schichten am Wärmeübertrager sorgen für eine schlechtere Wärmeübertragung. Der Kessel muss mehr leisten, um die gleiche Dampfmenge zu erzeugen und der Energieverbrauch steigt.
- Punktuell kann es durch die Beläge auch dazu kommen, dass Wärme nicht abströmt. Das Material erhitzt dabei und kann auf Dauer ermüden sowie Schäden davontragen.
- Legen sich harte Beläge auf den Wärmeübertrager, stört das dessen temperaturabhängige Bewegung. Das Material kann sich nicht mehr ausdehnen, es kommt zu lokalen Spannungen und letztlich auch zur Ermüdung sowie Beschädigung.
- Große Belagschichten können im laufenden Betrieb abplatzen. Während die Partikel das Wasser verunreinigen, wird dabei auch schnell viel Wärme frei. Diese hebt den Druck und es kann zu Störungen oder Schäden an der Anlage kommen.
Um die Bildung der Beläge zu reduzieren, hilft eine optimierte Wasserchemie im Dampfkessel. Zudem ist es nötig, die Kessel regelmäßig zu reinigen. Da das mit hohen Kosten und Betriebsausfällen verbunden ist, gilt es einen Kompromiss aus Aufbereitungs- und Reinigungsaufwand zu finden.
Technische Lösungen für Dampfkessel und Industrieanlagen
Durch die Wasserchemie in Dampfkesseln und Industriekraftwerken kommt es zur Korrosion und zur Bildung von Belägen. Beides stört den laufenden Betrieb, denn es erhöht die Energiekosten, sorgt für höhere Betriebs- und Reinigungskosten oder bedingt sogar Ausfälle durch Störungen, Schäden sowie manuelle Maßnahmen. Die folgende Übersicht zeigt typische Probleme und deren Folgen:
Ereignis der Wasserchemie | Folgen für den Betrieb der Anlage |
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Harte Ablagerungen | höhere Abgastemperaturen, Energieverlust, Spannung, Materialermüdung |
Bildung von Schlämmen | höhere Abgastemperaturen, Energieverlust, Ablagerungen im Leitungsnetz |
Unterschiedliche pH-Werte | Laugenbildung (pH-Wert zu hoch) oder verstärkte Korrosion und Versprödung (pH-Wert zu niedrig) |
Hohe Sauerstoffkonzentration | Förderung der Korrosion, zu geringer Sauerstoffgehalt behindert jedoch die Bildung natürlicher Schutzschichten (Passivierung) |
Bildung von Laugen | Materialbruch, Schäumen des Wassers, Mitreißen des Schaums im Dampf (Ablagerungen im Leitungssystem) |
Abhilfe schafft eine optimale Wasseraufbereitung. Bei dieser geht es je nach Einsatzfall darum, Stoffe zu entfernen, Chemikalien zuzugeben und die Parameter der Wasserchemie (pH-Wert, Leitfähigkeit etc.) richtig einzustellen, um die negativen Folgen zu vermeiden. Möglich ist das mit folgenden Maßnahmen:
- Enthärtung und Entsalzung zur Veränderung der Konzentration von Wasserinhaltsstoffen
- Thermische Entgasung zum Entfernen von Sauerstoff aus der Anlage
- Zugabe chemischer Stoffe, zum Beispiel zur Auflockerung der Kristallstruktur von Ablagerungen
- Absalzung und Abschlammung zum Entfernen von Salzen sowie Schlämmen (Ablagerungen) im laufenden Kesselbetrieb
Wann welche Lösungen zum Einsatz kommen, hängt von den Bedingungen vor Ort ab. Entscheidend sind Faktoren wie die Wasserzusammensetzung und die Fahrweise der Anlage (Druck, Temperatur etc.). Im Beitrag „Speisewasser für Dampferzeuger: Stationäre und mobile Wasseraufbereitung“ gehen wir im Detail auf die verschiedenen Aufbereitungsmöglichkeiten sowie deren Vor- und Nachteile ein.
FAQ: Häufige Fragen und Antworten zur Wasserchemie
Warum sind Kenntnisse über die Wasserchemie von Dampfkesseln und Industrieanlagen wichtig?
Wasser ist das wichtigste Medium bei dem Betrieb von Dampfkesseln und Industrieanlagen. Denn es transportiert insbesondere in Form von Dampf viel Wärme. Durch verschiedene Inhaltsstoffe und bestimmte Eigenschaften kann es jedoch Prozesse stören oder Anlagen schaden.
Was sind die Ziele einer optimalen Wasserchemie in technischen Anlagen?
Wichtig ist es, Korrosionserscheinungen und die Bildung von Belägen zu verhindern. Zudem darf das Wasser in Dampfanlagen nicht übermäßig stark schäumen, um die nachfolgenden Leitungen vor Ablagerungen zu schützen.
Welche Eigenschaften sind zu überwachen, um die Wasserchemie in den Griff zu bekommen?
Neben der Wasserzusammensetzung kommt es vorwiegend auf den pH-Wert und die elektrische Leitfähigkeit an. Beide Werte lassen Rückschlüsse über verschiedene Inhaltsstoffe und daraus resultierenden chemischen Prozessen zu.
Welche Möglichkeiten gibt es, um Anlagen vor Rost und Ablagerungen zu schützen?
Aufbauend auf die Grundlagen der Wasserchemie, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Darunter die Enthärtung und Entsalzung, die thermische Entgasung, die Zugabe chemischer Stoffe sowie die Absalzung und Abschlammung. Wann welche Lösungen in welcher Kombination zum Einsatz kommen, hängt von den individuellen Gegebenheiten ab (Druck, Temperatur, Werkstoffe etc.). Im Beitrag zur Speisewasser-Aufbereitung geben wir einen Überblick.